Über das Erwachsenwerden - 23.09.17


Vor kurzem bin ich 21 geworden. Geburtstage sind meistens die Tage, an denen man sich umschaut und denkt „Oh Gott. Schon wieder ein Jahr rum. Wo ist die Zeit nur hin?“

Für mich ist mein Geburtstag vor allem immer der Tag, an dem mir bewusst wird, wie sehr ich mich verändert habe. Für viele junge Menschen ist es nicht einfach zu Hause auszuziehen und danach alleine Halt zu finden. Bei mir kam noch dazu, dass ich in der ersten Woche meines Studiums meinen Dad verloren hatte.

Grade hatte ich meine eigene Wohnung, hatte einen Nebenjob und alles für das Studium geplant. Ich wollte voll durchstarten und eigentlich war mein Leben an diesem Punkt ziemlich perfekt.
Das mein Dad gestorben ist hat einen tiefen Riss in mein Leben gezogen, es aber auch komplett umgekrempelt. Viele Bereiche, in denen man eben „mal die Eltern fragt“, weil sie mehr Erfahrungen haben, kamen nun auf mich zu und ich stand ziemlich alleine da. Versicherungen und irgendwelche Schreiben von Renten erreichten mich. Banken wollten mit mir sprechen und ich hatte mit Rechtsanwälten zutun. Nach einiger Zeit forderte das Finanzamt eine Steuererklärung, obwohl ich doch nur einen Minijob hatte. Doch die Erbengemeinschaft mit meiner Mom und meinen Schwestern bedeutete eben auch Verantwortung und zog so einiges nach sich.
Viele Dinge, die man nach und nach lernt kamen bei mir einfach gleichzeitig. Entweder ich bekam das alles irgendwie hin, oder ich würde Probleme bekommen. Nebenbei noch die Uni schmeißen und der Haushalt machte sich auch nicht alleine. Nach ein paar Monaten wurde mir bewusst, dass Erwachsen werden eben doch nicht so cool ist, wie ich mir das immer ausgemalt hatte.



Aber egal, ob man unter erschwerten Verhältnissen auszieht oder nicht, es ist immer ein Schritt ins Unbekannte. Trotz allen Schwierigkeiten und Problemen, die das ausziehen so mit sich bringt, würde ich es doch immer wieder tun.
Denn Ausziehen bringt nicht nur Stress und Probleme, sondern auch Freiheiten mit sich. So kann man nach dem ersten Umzugstress innehalten und kleine Dinge genießen.
Das fängt an beim Gestalten der eigenen Wohnung oder den Entscheidungen, wie man seinen Tag gestaltet. Oder eben damit, was man kochen will. Oder das man doch lieber bestellt.  Aber natürlich gehen die eigenen Entscheidungen darüber hinaus. Wenn ich in der Uni Klausurenphase habe, gibt es nichts was ich mehr genieße, als die Freiheit, dass mich niemand dazu verpflichtet erst die Wohnung zu putzen oder den Müll wegzubringen. Ich kann total in meinen Vorbereitungen versinken, so lange wie ich es eben brauche und niemand wird mich in meiner Wohnung aufhalten. 



Nach einiger Zeit ist es nicht nur die eigene Wohnung, sondern eben das eigene Rückzugsgebiet. Schon zwei Monate, nachdem ich selbst ausgezogen war, hatte ich ein Gefühl von „nach Hause kommen“, als ich meine Wohnung betreten habe. Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie ich bei meinen Eltern trotz meines alten Kinderzimmers immer mehr zu Gast war und froh war, wenn ich auch nach einer gewissen Zeit zurück in meine Wohnung konnte. Wo ich eben den Tagesablauf bestimmte und auch niemand ein Problem damit hat, wenn ich in meinen Semesterferien auch mal zum Mittag noch in Jogginghose unterwegs bin. 
Jeder, der also unsicher ist und Angst hat auszuziehen, kann ich nur Mut machen: am Anfang passieren viele Dinge gleichzeitig, aber es lohnt sich durchzuhalten und die Herausforderungen zu meistern, die das Leben so für einen bereit hält. 

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